Cardamine pratensis. Wiesenschaumkraut. Cruciferae.

Botanical name: 

Photo 108. Wiesen-Schaumkraut. Karte 075. Cardamine pratensis. Name: Cardámine praténsis L. (= C. integrifolia Gilib., = C. amara Lam., = C. latifolia Lejeune, = C. fragilis Degl., = Ghinia pratensis Bubani). Wiesenschaumkraut. Französisch: Cardamine des prés, cresson des prés, cressonette; englisch: Milkmaid, lady's-smock, cuckoo-flower, meadow-cuckoo, meadow-cress; italienisch: Billeri.

Weiteres Vorkommen: Nordasien (östlich bis Kamtschatka). Nordamerika. Dringt weit in die Arktis (Spitzbergen, Grön= land, Nowaja-Semlja, Grinell-Land bis 81°42′ nördl. Breite.

Namensursprung: Cardamine kommt vom griechischen χ_ραμον (kárdamon), dem Namen der orientalischen Kresse, Erucaria aleppica Gaertn: pratensis = auf Wiesen wachsend. Die Entstehung des deutschen Namens Wiesenschaumkraut ist darauf zurückzuführen, daß die Pflanze häufig die schaumartigen Ausscheidungen der Schaumzikadenlarven trägt.

Volkstümliche Bezeichnungen: Sehr viele Volksbenennungen weisen auf die frühe Blütezeit hin: Pinkstblôme, Pinksterblöme (Ostfriesland), Aprilblueme (Schweiz), Maiblom (Oldenburg), Kuckuckblume (in den entsprechenden Mundarten besonders im Niederdeutschen und Alemannischen) usw. Eine andere Gruppe von Namen deutet auf die Blütenfarbe hin: Speckblume (Nahegebiet, Thüringen), Quarkblume (Schlesien), Molkeblume (Nahegebiet, Oberhessen) usw. In der Schweiz wird die Blüte anscheinend mit einem - Nachttopf (Schiß-, Chlöpfgelte; Gelte = Zuber) verglichen, daher Chlöpf-, Schißgelte (Zürich), Saugelte, Gigenapf, Gelteblueme, Chesali, Sekretärli (Thurgau). Diese Benennungen hängen vielleicht damit zusammen, daß die Pflanze als harntreibend gilt, wie Harnsamen, Grießblümel (Böhmerwald), Sachblueme, Sachere, Bettsächer (Thurgau), Bettbrunzer (Neuburg a. D.). beweisen. Blähchrut (St. Gallen, Churfirstengebiet) bezieht sich jedenfalls auf die Wirkung, die der reichliche Genuß der Pflanze auf das Weidevieh ausübt. Auf die Benützung als Salatpflanze deuten hin: Wilda Chressa, Chressig, Mattenkressich, blaue Brunnekressich (Schweiz).

Botanisches: Auf feuchten, besonders sauren Wiesen, auf Flachmooren, in Auwäldern, auf Waldlichtungen, an Bachufern, auf Strandwiesen und in Dünentälern von der Ebene bis in die alpine Stufe ist das Wiesenschaumkraut häufig und verbreitet. Aus einer Rosette langgestielter, drei- bis elfzählig gefiederter Blätter erhebt sich der aufrechte, meist einfache Stengel, der 20 bis 30 cm hoch wird und zwei bis sechs kurzgestielte, fiederschnittige Blätter trägt. Die Blüten bilden eine siebenbis zwanzigblütige Trugdolde. Kronenblätter lila mit dunkleren Nerven, seltener weiß oder violett. Die Pflanze ist heimisch in Europa, Nordasien und Nordamerika. Sie wächst gelegentlich auch untergetaucht. Vermehrung bei verhinderter Samenbildung durch Ausläufer oder durch blattbürtige Adventivsprosse. Blütezeit: April bis Juni.

Geschichtliches und Allgemeines:

Eine so gemeine Pflanze wie Cardamine pratensis konnte den alten Ärzten nicht unbekannt geblieben sein. Doch ist es schwierig, Genaueres zu ermitteln. Im 16. Jahrhundert war sie in den Offizinen nicht gebräuchlich, wie Leonhard Fuchs ausdrücklich feststellt. Allein Dodonaeus wußte schon, daß sie in ihren Eigenschaften mit Nasturtium aquaticum übereinstimme, was später von Dale und anderen wiederholt wurde. In Deutschland ist das Wiesenschaumkraut als Arzneipflanze 1774 durch Grednig bekannter geworden, der als Arzt am Armenhause zu Waldheim in Sachsen lebte.

Wirkung

Nach Buchheim (Buchheim, Lehrbuch der Arzneimittellehre, 1853/56, S. 457.) benutzte man Cardamine pratensis L. in ähnlichen Fällen wie die Brunnenkresse, den Meerrettich und das Bittere Schaumkraut (Cardamine amara L.) bei Krämpfen der Kinder.

Auch nach Dragendorff (Dragendorff, Die Heilpflanzen der verschiedenen Völker und Zeiten, 1898, S. 258.) sind verschiedene Arten von Cardamine früher in ähnlicher Weise wie Nasturtium gebraucht und mit diesem öfters verwechselt worden.

Bohn (Bohn, Die Heilwerte heimischer Pflanzen, S. 77.) schreibt den bitter schmeckenden Blüten eine Einwirkung auf die nervösen Zentren des Rückenmarks zu und nennt als Indikationen Chorea, hysterische Krämpfe und rheumatische Schmerzen.

Außer den schon genannten Anwendungsweisen kennt Dinand (Dinand, Handbuch der Heilpflanzenkunde, 1924, S. 92.) noch die bei Unterleibsstockungen, Hautkrankheiten und Skorbut.

Schulz (Schulz, Vorlesungen über Wirkung u. Anwendung d. deutschen Arzneipflanzen, 1929, S. 137.) schreibt: "Die letzte der uns interessierenden Kruziferen ist das Wiesenschaumkraut, Cardamine pratensis, welches Butylsenföl enthält. Ich würde dieser Pflanze nicht weiter Erwähnung tun, wenn ich nicht die Angabe gefunden hätte, daß man einen Tee aus den getrockneten Blumen in einzelnen Gegenden als Volksmittel gegen Scharlachfieber gebrauchen soll. Nach neueren, der homöopathischen Schule entstammenden Angaben scheint das Wiesenschaumkraut doch eine, nach einer gewissen Richtung hin, recht ausgesprochene Wirkung zu besitzen, die sich sowohl an einzelnen Teilen des Organismus wie auch seitens des Gesamtstoffwechsels bemerkbar machen kann: In bestimmten Fällen von Diabetes hat die Cardamine sowohl die Zuckerausscheidung wie auch die begleitenden Symptome des Diabetes deutlich günstig beeinflußt."

Im Gegensatz zu dieser Mitteilung hat Cardamine pratensis allerdings nach Sauers (Sauer, Dtsch. Ztschr. f. Hom. 1932, S. 261.) Erfahrungen bei Diabetes mellitus bei kritischer Beurteilung durch Ausschalten der Diät auf Grund der Blutzuckerbestimmung völlig versagt.

Die Samen enthalten Myrosin, die Blätter Myrosin und ein Senfölglykosid, das Glykonasturtiin, das auch in der Brunnenkresse vorkommt. Blätter, Stengel und Wurzeln geben Senföl, 0,00135% Öl als d-sec.-Butylsenföl (Wehmer, Die Pflanzenstoffe, 1929, Bd. 1, S. 413.).

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Cardamine pratensis wird zur Zeit wohl nur noch selten als Wechselmittel bei Diabetes mellitus verwendet.

Angewandter Pflanzenteil:

Zur Bereitung des "Teep" werden die Blüten und die saftig-krautigen Teile der Pflanze verwendet.

Dosierung:

Übliche Dosis:
Messerspitzenweise das Pulver (Bohn).
1 Teelöffel voll der Frischpflanzenverreibung "Teep" dreimal täglich.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.