Scolopendrium vulgare. Hirschzungenfarn. Polypodiaceae.

Botanical name: 

Name: Scolopéndrium vulgáre Sm. (= Phyllitis scolopendrium (L.) Newm., = S. officinarum Sw., = S. scolopendrium Karsten). Hirschzungenfarn, Hirschzunge. Französisch: Langue de cerf, herbe à la rate; englisch: Hart's-tongue; italienisch: Lingua cervina, lingua da pozzi; dänisch: Hjortetunge; polnisch: Języcznik; tschechisch: Jeleni jazyk; ungarisch: Gimnyelvü haraszt.

Weiteres Vorkommen: Vorderasien, Nordafrika, Azoren, Madeira, Japan, selten im östlichen Nordamerika

Namensursprung: Den schon von Theophrast benutzten Namen Scolopendrion hat die Pflanze wegen der Ähnlichkeit der an den Blättern befindlichen Sporenhäufchen mit einem Tausendfuß, griechisch: σχολοπ_νδρα (skolopendra) erhalten. Hirschzunge bezieht sich ebenfalls auf die Form der Blätter.

Volkstümliche Bezeichnungen: Nach der Form der Wedel hat der Farn folgende Lokalbenennungen erhalten: Hirschzungen (Niederösterreich, Kärnten), Hirsazunge = Hirschzunge (Schweiz), Ochsazungä, Rinderzungä, Hasäzungä (Schweiz: Waldstätten).

Botanisches: Der fast wintergrüne, 15-30 cm hohe Farn mit aufsteigendem Rhizom wächst an schattigen feuchten Felsen, in steinigen Wäldern und in Ziehbrunnen. Als Unterlage bevorzugt er Kalk. Seine Verbreitung erstreckt sich über Eurasien bis nach Nordafrika. Die büschelig angeordneten, bis 60 cm langen, länglich lanzettlichen, ganzrandigen Blätter sind zugespitzt und unterseits mit braunen Spreuschuppen besetzt. Die Sporenhäufchen stehen in parallelen Reihen auf der Unterseite der Blätter an zwei benachbarten Nerven einander gegenüber und berühren sich. Scolopendrium vulgare ist in Deutschland vollkommen (ober- und unterirdische Teile) gesetzlich geschützt. Reifung der Sporen: Juli und August.

Geschichtliches und Allgemeines:

Schon Dioskurides weiß die Wirkung der Blätter der Hirschzunge, bei ihm Phyllitis genannt, gegen Schlangenbiß, Dysenterie und Durchfall zu schätzen. In späterer Zeit waren die Blätter als Herba linguae cervinae, s. phyllitides, s. scolopendrii offizinell und wurden als Wundmittel, sowie gegen Brustkrankheiten als schweißtreibendes Mittel, Adstringens und Diuretikum verwendet.

Wirkung

Hippokrates (Fuchs, Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 330.) zählt die Pflanze zu den "kühlenden" Mitteln.

Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 297.) rühmt ihr zahlreiche vortreffliche Eigenschaften nach und verordnet sie bei Milzschmerzen, -geschwulst, -stechen, -verhärtung, gegen Diarrhöe, Ikterus, Blasen- und Nierensteine, Harnträufeln, Melancholie und Alpträume, "die von verstopffung der miltz / und schwartzem bösen blut verursacht werden", als herzstärkendes, fieber- und entzündungswidriges, leber- und milzöffnendes, zerteilendes, blutreinigendes und wundheilendes Mittel.

Die Hirschzungenblätter sind eins der sechs Hauptmittel zur Gesunderhaltung bzw. Lebensverlängerung des Johann Wittich (Joh. Wittich, Vademecum, New Arzneybuch, 1594, S. 6.) (zu denen noch Aloë, Angelica, Gentiana, Rheum und Scilla gehören).

Auch bei Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 290.) steht die Milzwirkung im Vordergrunde, daneben empfiehlt er die Hirschzunge gegen Rote Ruhr und zum Gurgeln bei Angina und Zahnfleischblutungen.

Als Wundkraut, gegen Herzklopfen, Uterusbeschwerden und "gichterische Bewegungen" findet die Droge bei v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 907.) Verwendung.

In der Volksmedizin wurde Scolopendrium bei Milz- und Leberleiden, bei der die Lungentuberkulose begleitenden Hämoptise, bei chronischen Enteritiden und Febris quartana (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 36.), äußerlich als Wundheilmittel (Thoms, Handb. d. pr. u. wiss. Pharm., Bd. V, S. 401.) geschätzt.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Gegen Schlangenbiß, Magenschmerzen, Diarrhöe, Milz- und Leberleiden, Gelbsucht, Blasen- und Nierensteine, äußerlich zum Gurgeln und Reinigen von Wunden.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Scolopendrium wird gegen Milz- und Leberleiden, auch Leberfettsucht und Cholelithiasis angewandt. Als adstringierendes und schleimlösendes Mittel gibt man es ferner bei Lungentuberkulose mit Hämoptise, Bronchitis, katarrhalischem Husten, Diarrhöen und Dysenterie. Der Extrakt wird außerdem noch als Wundmittel und gegen periodisch auftretende Muskelschmerzen bei Angina pectoris genannt.

Ulrich verordnet den Tee gegen chronische Nephritis mit starker Albuminurie.

Angewandter Pflanzenteil:

Lonicerus, Matthiolus, v. Haller, Geiger, Thoms, Schulz u. a. erwähnen die Verwendung der Blätter, die als Herba Scolopendrii, Folia Linguae cervinae usw. bezeichnet wurden.

Das HAB. läßt zur Bereitung der Essenz das frische Kraut verwenden (§ 3). Zur Herstellung des "Teep" wird dasselbe Ausgangsmaterial benutzt.

Erntezeit: Juni bis August.

Herba Scolopendrii ist offizinell in Frankreich.

Dosierung:

Übliche Dosis:
1 Tablette der Frischpflanzenverreibung "Teep" dreimal täglich.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Hb. Scolopendrii.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.