Pyrethrum germanicum sive commune. Anacyclus officinarum, Deutsche Bertramwurzel. Compositae.

Botanical name: 

Name: Anacyclus officinarum Hayne, Deutsche Bertramwurzel. Französisch: Pyrèthre; englisch: Pellitory root; dänisch: Bertram; italienisch: Piretro; norwegisch: Bertramsrot; polnisch: Piersciennik, Maruna; russisch: Bertram; tschechisch: Pertrám obecný; ungarisch: Rovarporvirág.

Verbreitungsgebiet: Wildwachsend ist die Pflanze bisher nirgends beobachtet worden. Kultiviertes Vorkommen laut Karte.

Namensursprung: Pyrethrum wird von dem griechischen πΰρ (pyr) = Feuer und άθρ_ος (athroos) = häufig wegen des brennenden Geschmackes der Wurzel abgeleitet. Der deutsche Name Bertram (althochdeutsch: perchtram, mittelhochdeutsch: berchtram, pertrem) ist wohl eine Verstümmelung der lateinischen Bezeichnung. Anacyclus, eigentlich Ananthocylus von _νεν (aneu) = ohne, _νθος (anthos) = Blume und χ_χλος (kyklos) = Kreis, das Ganze also soviel wie umkreislose Blüte, angeblich, weil die Randblüten nur weiblich und unfruchtbar sind.

Botanisches: Die Heimat des einjährigen bis 30 cm hohen Krautes mit doppelt-fiederspaltigen Blättern ist mit ziemlicher Sicherheit im Mittelmeergebiet zu suchen. Seine weißen kamillenähnlichen Blütenstände stehen in der Regel einzeln auf den oben hohlen verdickten Stengeln. Die Früchte sind knorpelig geflügelt. Die geruchlose, aber scharf brennend schmeckende 6-12 cm lange, spindelförmige Wurzel wird neben ihrer medizinischen Verwendung auch zur Ölgewinnung gebraucht. Blütezeit: Juni bis August.

Geschichtliches und Allgemeines:

Es wird vermutet, daß der römische Bertram (Anacyclus pyrethrum D. C. = Anthemis pyrethrum Desf.) die Stammpflanze des deutschen Bertrams gewesen ist. Es läßt sich nicht mit Sicherheit bestimmen, ob das Pyrethron des Dioskurides und die Salivaria des Plinius, welche als schweißtreibende und die Schleimabsonderung erhöhende Mittel, sowie gegen Zahnschmerzen empfohlen wurden, der Römische Bertram sind. Jedenfalls scheint dieser den arabischen Ärzten des Mittelalters wohl bekannt gewesen zu sein und wird unter den Bezeichnungen Aaqarqaha oder Akulkara häufig bei ihnen erwähnt, auch finden sich dieselben Namen mit kleinen Abänderungen in den meisten indischen Sprachen. Die bei der h l. Hildegard Bertram, bei Cordus Geiferwurz, bei Tabernaemontanus spanisch Magdblum, bei Bock Speichelwurz genannte Pflanze ist der Römische Bertram, der im 16. Jahrhundert in deutschen und holländischen Gärten kultiviert wurde. Der Deutsche Bertram, der in Böhmen, um Magdeburg und im Vogtlande kultiviert und in gleicher Weise wie der Römische angewendet wurde erschien 1724 auf dem Londoner Markte, hat aber als Ausfuhrartikel nach Flückiger nie eine größere Rolle gespielt. Die deutsche Wurzel ist, da sie meist frischer und reicher an Öl zu sein pflegt als die römische, auch schärfer als diese. Verwechslungen sind möglich mit den Wurzeln von Sonchus oleraceus L., Achillea ptarmica L. und Anacyclus pseudopyrethrum Aschers.

Wirkung

Schon bei der hl. Hildegard (Der Äbt. Hildegard Causae et Curae, S. 159.) und Paracelsus (Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 853, 974, Bd. 2, S. 580, 593, 641, Bd. 3, S. 605.) findet die Bertramwurzel Erwähnung, von der

Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 169.) unter der Bezeichnung "Speichelwurtz" (hiermit ist wohl die Römische Bertramwurzel, Anacycl. Pyrethrum, gemeint) schreibt: "Inn summa was von kelte ist / mag mit diser wurtzel natürlich wider erwörmbt werden." Er benutzt die Wurzel, um "alle kalte Schleim zusammenzuziehmen" und durch Harn und Stuhl auszutreiben; lokal wendet er sie an bei Zahnweh, zur "Reinigung des Hirns", bei erfrorenen Gliedern, bei Kindern als Einreibung gegen Fallsucht.

Als schweißtreibend gilt die Wurzel auch bei Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 272.), weshalb er sie bei Wechselfieber verordnet, sie ätze die Haut und bringe, auf "die lame Zunge gestrichen / die verlegne Sprach wieder" ähnliche Indikationen gibt auch Weinmann (Weinmann, Phytanthoza iconographia, Bd. IV, S. 178, Regensburg 1745.) an.

Hufeland (Hufeland, Enchir. med., S. 193, 205; Journal, Bd. 15, III., S. 162.) schätzt Rad. Pyrethri bei Zahnweh und Kongestionen bei Apoplexie; bezüglich ihrer Heilkraft bei Lähmungen und Febris intermittens schreibt er: "Das Mittel übertraf oft die gewöhnlichsten stärksten Heilmittel an Wirksamkeit."-

Bentley und Trimen (Bentley and Trimen, Medicinal Plants, Bd. III, S. 151, London 1880.) bezeichnen Pyrethrum als starkes Irritans, Sialagogum (Speicheltreibemittel) und Rubefaciens, das hauptsächlich als Kaumittel gegen Zahnschmerzen, Zungen- und Larynxlähmung, Aphonie und als Gurgelmittel bei Mandelerkrankungen Anwendung findet. Außer diesen Indikationen nennt Potter (Potter, Handb. of Mat. med., S. 408, 1898.) noch diejenige als Niesmittel bei chronischem Stirnhöhlenkatarrh.

Die Mohammedaner sollen Pyrethrum bei erschöpfenden typhösen Fiebern und Lähmungen gebrauchen (Vgl. 6).).

Die den scharfen, brennenden Geschmack der Pflanze bedingende Substanz ist das Amid Pyrethrin, das neuerdings als Pellitorin bezeichnet wird (nicht zu verwechseln mit dem stickstofffreien Pyrethrin der Insektenblüten, Flores Pyrethri rosei, von Chrysanthemum roseum!), das beim Kauen Salivation hervorruft (Wasicky, Lehrb. d. Physiopharm., S. 246.), in größeren Dosen Nausea mit Vomitus, Diarrhöe, Kolik und Kopfschmerz verursacht (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 246.).

Die Radix Pyrethri romani enthält sehr viel Inulin. Es werden 33% und sogar 57,7% angegeben. Außerdem findet sich darin ein ätherisches Öl (in Spuren) und ein scharfes Harz (Wehmer, Die Pflanzenstoffe, S. 1231.).

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Pyrethrum ist ein Rubefaciens, dessen Wirkung sich vor allem im Munde bemerkbar macht. Es wird vorzugsweise verordnet bei Zungenlähmung und rheumatischen und neuralgischen Affektionen der Kopf- und Gesichtsnerven. Ferner gibt man es bei Zahnweh, zur Anregung der Salivation (bei starker Salivation kommen nur ganz geringe in der Wirkung umkehrende Dosen in Frage), gegen Trockenheit im Munde, bei Krämpfen, namentlich der Glieder, bei Lähmung nach Apoplexie, Lumbago und Ischias.

Auch Dyspepsie, hartnäckige Obstipation, Febris intermittens, Delirien und Husten gehören in den Indikationsbereich des Mittels.

Die wurmwidrige Wirkung, die öfters genannt wird, ist offensichtlich auf Verwechslung mit Pyrethrum roseum zurückzuführen.

Angewandter Pflanzenteil:

Bock und Matthiolus nennen neben der Verwendung der Wurzel auch die der Samen.

Bei der hl. Hildegard ist der Pflanzenteil nicht genannt, es ist nur zu lesen: "Nimm Bertram". Sonst aber wird allgemein in der Literatur die Wurzel als verwendeter Pflanzenteil angeführt, so z. B. von Hufeland, Wasicky, Dragendorff, Schulz, Thoms und Hager.

Das HAB. läßt die Tinktur aus der getrockneten Wurzel bereiten (§ 4). Das "Teep" wird aus der frischen Wurzel gewonnen.

Radix Pyrethri ist offizinell in Österreich, England, Frankreich, Griechenland, Spanien, Mexiko und Venezuela.

Dosierung:

Übliche Dosis:
0,1-0,25 g der Wurzel (Hager);
10-30 Tropfen der Tinktur höchstens zweimal täglich (Dinand).
1 Tablette der Frischpflanzenverreibung "Teep" dreimal täglich.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 10% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,025 g Rad. Pyrethri.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt, doch können große Gaben unangenehme Nebenwirkungen verursachen (vgl. Wirkung).

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.