Euphorbia cyparissias et peplus. Zypressenwolfsmilch, Gartenwolfsmilch. Euphorbiaceae.

Von den Euphorbiaceen ist Euphorbia resinifera Berg wohl die medizinisch bekannteste Species. Sie gedeiht im Inneren Marokkos und an den Abhängen des Atlas und besonders südöstlich der Stadt Marokko. Zur Blütezeit ritzt man den Stamm und die Zweige und sammelt den austretenden, noch an der Pflanze sich erhärtenden Milchsaft. Dieser trägt den Namen Euphorbium. Beim Zerkleinern der gesammelten, leicht zerbrechlichen Stücke ist größte Vorsicht am Platze, da schon geringe Mengen von Staub zu heftigem und anhaltendem Niesen reizen. Das Euphorbium dient hauptsächlich in der Tierheilkunde zur Herstellung von hautreizenden und blasenziehenden Salben und Pflastern.

Aus dem Samen der Euphorbia lathyris L., die in Südeuropa heimisch ist, wird ein stark abführend wirkendes Öl (Huile dépurge) gewonnen. Herba Euphorbiae piluliferae (Schlangenkraut) stammt aus Australien, sein Fluidextrakt wird bei Bronchitis und Asthma angewendet.

Von den mitteleuropäischen Wolfsmilchpflanzen werden u. a. medizinisch verwendet die Euphorbia peplus L. (Gartenwolfsmilch, Hexenmilchkraut, Wanzenkraut) und die Euphorbia cyparissias L. (Zypressenwolfsmilch). Von den sonstigen gelegentlich verwendeten Wolfsmilcharten ist noch zu nennen die Euphorbia heterodoxa Müller Arg. (Alvelozpflanze), die in Nordbrasilien wild wächst und den Alvelozbalsam oder die Alvelozmilch liefert. Dieser Balsam soll bei der Behandlung von Geschwüren, bei Epithelkrebs der Lippen, der Nase, der Augenlider usw. vorzügliche Dienste als Ätzmittel leisten. Weitere verwendete Arten sind Euphorbia splendens (Christusdorn), Euphorbia nutans Lag., Euphorbia corollata L. und Euphorbia hypericifolia A. Gray. Die Muchschen vergleichenden Untersuchungen zwischen Euphorbia peplus und Euphorbia cyparissias führten zu der Erkenntnis, daß die Euphorbia peplus in ihrer resistenzsteigernden Wirkung der Euphorbia cyparissias überlegen ist. Auf Grund dieser Ergebnisse wird die Euphorbia peplus vielfach bevorzugt.

Name: Euphórbia cyparissias L. (= Tithymallus Scop., = Euphorbia Tithymalus Z.). Zypressenwolfsmilch. Französisch: Tithymale, rhuberbe des paysans; italienisch: Erba cipressina; dänisch: Ulvemälk, Vortemälk; norwegisch: Vortemelk; polnisch: Wilczomlecz; russisch: Moloczaj; schwedisch: Vårtorel; tschechisch: Světlík lékaršký, embrožka; ungarisch: Kutyatej.

Euphórbia peplus L. Garten-Wolfsmilch. Französisch: Esule ronde, omblette; italienisch: Calenzola piccola.

Namensursprung: Nach Plinius benannte Juba II., König von Mauretanien, die Mutterpflanze des Euphorbiums, die Euphorbia resinifera Berg, zu Ehren seines Leibarztes Euphorbos; cyparissias nach Plinius wegen ihrer der Zypresse ähnlichen Blätter, jedoch galt der Name wohl für die kleinasiatische Art. Der Name Wolfsmilch bezieht sich auf den scharfen, giftigen, weißen Milchsaft der Pflanzen.

Volkstümliche Bezeichnungen: Wulwesmelk (niederdeutsch), Hundsmilch (vielfach im Mittel- und Oberdeutschen), Geiße(n)milch (Elsaß), Pellemiälke = Krötenmilch (Westfalen), Eselsmilch (z. B. Graubünden), Roßmilch (St. Gallen), Bullmelk (Kr. Jerichow), Melkeblömke (Emden), Milchkraidl (Niederösterreich), Milchchrut (Aargau), Mil'bloama (Böhmerwald), Teufelsmilch (z. B. bayrisch-österreichisch, alemannisch), Tüfelschrut, Tüfelsmilch (Schweiz), Hexenmilch (z. B. Eifel, Schwaben), Drudenmilch (Mittelfranken). Ganz allgemein als giftige oder verdächtige Pflanze wird die Wolfsmilch gekennzeichnet in Hexekraut (Eifel), Teufelskraut (oberdeutsch), Düllkruud (Emden), Krötenbleaml, -gras, -kraut (bayrisch-österreichisch). Im Niederdeutschen ist die Bezeichnung Bullenkrud ziemlich verbreitet. Nach der Verwendung gegen Krätze und Warzen heißt die Wolfsmilch im Bayrisch-österreichischen Krätzen, Krätzengras, -bleaml, -kraut, Warzenkraut.

Weiteres Vorkommen: Sibirien ostwärts bis Baikal-See; In Nordamerika eingeschleppt.

Botanisches: Die Zypressenwolfsmilch, die in allen Teilen einen weißen Milchsaft enthält, hat einen federkieldicken, ästigen, schräg liegenden Wurzelstock von bräunlicher Farbe, der mehrere aufrechte Stengel treibt. Diese werden bis zu 30 cm hoch, sind kahl, gelblichgrün und meist einfach. Sie tragen spiralig aufsteigende, sitzende, schmal linealische Blätter. Die Blüten bilden eine endständige, vielstrahlige Dolde mit wiederholt zweistrahligen Ästen. Wo die Doldenstrahlen entspringen, sitzt eine Hülle, die aus zahlreichen zurückgeschlagenen Blättern besteht. Diese sind etwas kürzer, aber breiter als die übrigen Stengelblätter. Die Hüllchen werden von zwei breit-dreieckigen Blättern gebildet. Die Vorblätter sind rautenförmig, gelb, zuletzt rötlich. Die Randdrüsen der becherförmigen Hülle sind halbmondförmig oder nierenförmig. Die Pflanze ist meist häufig, im nördlichen Gebiete tritt sie vielfach als Wanderpflanze auf. Sie ist auf mageren, sandigen und kalkhaltigen Böden anzutreffen und kommt auch in trockenen Wäldern und Gebüschen vor. Die Pflanze vermag sich sowohl den Pflanzengesellschaften der Ebene als auch der alpinen Stufe ohne weiteres anzupassen. Höck bezeichnet sie als Kiefernbegleiter. Bahndämme und Straßenböschungen sind typische Standorte der Pflanze. Blütezeit: April bis Mai. Zwischen den gesunden Stauden findet man vielfach solche von krankem Aussehen mit kurzen, breiten, eiförmigen, gelbgrünen Blättern. Man kann dann auf der Unterseite der verkümmerten Blätter leicht die rostgelben Pusteln erkennen, die der Erbsenrost (Uromyces Pisi) hervorgerufen hat, ein Schmarotzerpilz, für den die Zypressenwolfsmilch der Zwischenwirt ist. Euphorbia cyparissias wirkt sterilisierend auf den Weinstock. Je 4 Weinstöcke wurden in gleich großen Töpfen und in gleichem Boden das eine Mal mit, das andere Mal ohne Euphorbia cyparissias angebaut. Nach 2 Jahren zeigten sich die sterilisierenden Eigenschaften der Euphorbia. Während jeder der 4 Kontrollweinstöcke Trauben angesetzt hatte, waren die 4 mit Euphorbia cyparissias gewachsenen völlig unfruchtbar.

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Untersuchungen über den Einfluß von Wolfsmilch auf Nachbarpflanzen.

In Gegenwart der Zypressenwolfsmilch haben die Weinstöcke keine Trauben entwickelt

Ohne Zypressenwolfsmilch zeigen die Weinstöcke reichen Fruchtansatz

Die Gartenwolfsmilch ist ein Unkraut, das im Garten und auf Schutt, auf Äckern und an Wegrändern stellenweise gemein ist. Die Pflanze, die in allen Teilen einen weißen Milchsaft enthält, ist einjährig, hat eine verzweigte, schwache Pfahlwurzel, einen aufrechten, oft etwas gekrümmten Stengel. Anfangs nur wenig verzweigt, bildet er später im Jahre oft schon dicht am Boden zahlreiche Zweige. Die zarten, hellgrünen Blätter, die von unten nach oben an Größe zunehmen, sind gestielt, verkehrt-eiförmig oder rundlich, stumpf und ganzrandig. Unter der dreistrahligen Dolde steht eine Hülle aus drei Blättern, die den Laubblättern gleich gestaltet sind. Die Doldenstrahlen gabeln sich und tragen über zwei laubblattartigen Vorblättern die kleinen Cyathien (= einhäusige Blütenstände) mit gelblicher, glockig-kreiselförmiger Hülle und lang zweihörnigen Runddrüsen. Die Pflanze wird bis zu 30 cm hoch. Sie blüht vom Juli bis in den Oktober.

Geschichtliches und Allgemeines:

Daß die Wolfsmilcharten schon im frühesten Altertum bekannt waren, ergibt sich aus der Tatsache, daß die E. cyparissias ähnlich wie E. characias, E. spinosa im Corpus Hippocraticum aus dem 4. vorchristlichen Jahrhundert schon als diätetisches Mittel genannt werden. Der griechische Arzt Dioskurides, dessen Schriften für das Mittelalter richtunggebend sind, kennt eine ganze Reihe von Tithymalosarten, von denen der Kyparissias von den meisten Autoren als unsere Art gedeutet wird. Er empfiehlt den Saft und die getrocknete Frucht als Purgans und Vomitivum, sowie als schmerzstillendes Mittel bei Zahnschmerzen, zur Vertreibung von fressenden Geschwüren, Flechten und Warzen. Bei Scribonius Largus findet sich das Euphorbium zum Bepinseln des Rachens bei Angina. Im deutschen Mittelalter war die Euphorbia cyparissias als Esula cyparissima seu cupressina, Lactiaria und Lactuca caprina als Abführ- und Brechmittel bekannt.

Der Aufguß mit Wein oder Essig wurde gegen Wassersucht genommen und der Milchsaft zum Wegbeizen der Warzen benutzt.

Die Zypressenwolfsmilch, die wie alle anderen Wolfsmilcharten zu unseren giftigen Unkräutern zählt, wird von dem Vieh auf der Weide nicht gefressen, hingegen im Heu, wo sie in größerer Menge beigemischt, Durchfall, Blutharnen und öfters sogar den Tod herbeiführen kann. Die einzigen Tiere, die die Giftpflanze als Nahrungsquelle aufsuchen, sind die farbenprächtigen Raupen des Wolfsmilch-Schwärmers. Vergiftungen mit Wolfsmilcharten, die in ihrer Wirkung sich alle ähneln, sind öfters vorgekommen. So erzählt Scopoli von einer Frau, welche durch ein halbes Quent (= 1,8 g) der Wurzel so schwer vergiftet wurde, daß der Tod schon nach einer Viertelstunde eintrat. Eine ganze Reihe von Euphorbiaarten ist seit dem Altertum bis in die Neuzeit als Köder zum Betäuben der Fische benützt worden. So heißt es u. a. auch in den "Wohlbewährten Fischgeheimnissen" (1758): "Nimm Wolffsmilch, zerstoße sie, lege sie ins Wasser, thue auch ein Theil Scheelkraut dazu." Eine sehr ausführliche Literaturzusammenstellung über diese Anwendungsweise bringt Zaunick in seiner Schrift: "Die Fischereitollköder in Europa vom Altertum bis zur Neuzeit" (1928). Die Euphorbia virosa gilt als die giftigste aller Euphorbiaceen. Es genügt das Durchschneiden und Einatmen der Ausdünstung, um schwere Ödeme im Gesicht und Ekzeme an den Händen hervorzurufen.

Wirkung

Als das beste an der Wolfsmilch bezeichnet Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 175.) die Wurzelrinde, der nach ihm laxierende Wirkung und Heilkraft bei Wassersucht zukommt. Vor dem Gebrauch des reinen Milchsaftes warnt er, weil dieser dem Herzen, der Leber und dem Magen schaden, die Adern zerbrechen und Wassersucht erzeugen soll. "Wolffsmilch verzert den leib / und macht dürr." Bestreichen der Warzen mit Wolfsmilch "machet sie hinwegfallen".

Vom Euphorbium schreibt v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, S. 618.), daß es "die zähesten Säfte zusammenschmelze" und sich daher auch in den hartnäckigsten Wassersuchten bewährt habe, wenn der Patient noch über Kräfte verfüge. Äußerlich soll es ausgezeichnete Dienste bei Knochenfraß leisten und als Öl bei atrophierenden und gelähmten Extremitäten sehr nützlich sein. In der heutigen Volksmedizin wird der Milchsaft zur Beseitigung von Warzen, der Samen als Brechmittel verwandt (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 191.).

Über die Verwendung in der russischen Volksmedizin gibt W. Demitsch (W. Demitsch, in Histor. Studien des pharm. Inst. d. Univ. Dorpat, 1889, Bd. I, S. 213.) die folgende Übersicht:

"Von den Euphorbiaarten scheint am häufigsten die Sumpfwolfsmilch, Euphorbia palustris L., gebraucht zu werden. Schon Lepechin erwähnt sie als ein Fiebermittel (Tagebuch-Aufzeichnungen, 1768-1769. St. Petersburg 1771, I, S. 76). An einer anderen Stelle sagt er, daß eine Abkochung der Pflanze als ein starkes Abführ- und Wurmmittel eingenommen wird, oder man kaut ihre Wurzel, was ebenfalls drastische Wirkung hat (S. 201). - Pallas (Reise durch verschiedene Provinzen des russischen Reichs. St. Petersburg 1773-1776, I, S. 35-36) erzählt, daß man sich sowohl des frischen Saftes als auch der Wurzel, welche in heißem Wasser ausgezogen wird, als Purgiermittel bedient. Die Pflanze wurde ihm gegen Wechselfieber, "innere Verhärtungen" und andere Übel gerühmt. - Falk (Beiträge zur topographischen Kenntnis des russischen Reichs. St. Petersburg 1785-1786, Teil II, S. 184-185) gibt an, daß Euphorbia peplus L. und Euphorbia exigua L. in der Isettischen Provinz gegen Seitenstechen gebraucht werden, und zwar wird die pulverisierte Wurzel gemischt mit dem Kraute in Dosen von einem Fingerhut voll in heißem Kwas genommen. Zwei andere Wolfsmilcharten, Euphorbia segetalis L. und Euphorbia pilosa L., werden von demselben Autor als übliche russische Abführmittel angeführt. - Nach Brykow (Einige in Sibirien gebräuchlichen Volksheilmittel. Militär-Medizin. Journal 1829, Teil XIII, Nr. 1) wird Euphorbia palustris in Sibirien innerlich als Drastikum, bei Sodbrennen, rheumatischen Schmerzen und besonders bei Hämorrhoiden angewandt. - Auch Krebel (Volksmedicin und Volksmittel verschiedener Völkerstämme Rußlands. Skizzen. Leipzig und Heidelberg 1858, S. 116, 171 und 184) führt die pulverisierte Wurzel derselben Species in Dosen von 4 Gramm als Abführmittel an. In vielen Provinzen Rußlands wird der Euphorbiensaft bei Zahnschmerzen als ein auf die Haut ableitendes Mittel benutzt, indem man denselben alle 3-4 Stunden in das Ohrläppchen der entsprechenden Seite einreibt, was einen pustulösen Ausschlag zur Folge hat. Verschiedene Wolfsmilchspecies dienen dem Volke, besonders in südlichen Gegenden, als Antilyssikum. - In alten Zeiten pflegte man in Rußland den Kranken den Saft von Euphorbia esula L. einzugeben, welcher durch Erbrechen Erleichterung schaffen sollte (Chanykow, Russkija Byliny. Moskau 1860, S. 70). - Am Fluß Argun ist Euphorbia lathyris L. das gebräuchlichste Volksmittel. Eine Wurzelabkochung derselben wird bei venerischen Krankheiten eingenommen und zur Reinigung venerischer und skorbutischer Geschwüre verwendet. Die frische, in Scheiben geschnittene Wurzel wird auf Panaritien gelegt (N. Kaschein, Mediz.-topographische Beschreibung der Knjase-Konstantinowschen "Distanz" des Kreises Nertschinsk. Moskauer Mediz. Zeitung 1860, S. 113). - Nach Annenkow (Botanisches Lexikon. St. Petersburg 1878, S. 139-140) werden verschiedene Euphorbienspecies äußerlich bei Hühneraugen, Warzen usw. und innerlich gegen Lyssa verwendet. - In der Ukraine ist die Sumpfwolfsmilch ein Antipyretikum und Antilyssikum der Volksärzte (K. S. Gornitzki, Bemerkungen über einige wildwachsende und angebaute Pflanzen der Ukraine-Flora, die als Volksheilmittel im Gebrauche sind. Charkow 1887, S. 71)."

Über die Verwendung in der tschechischen Volksmedizin gibt mir Dostál folgende Zusammenstellung:

Nach Veleslavín (1) ist Euphorbia cyparissias ein starkes Purgans und brechenerregendes Mittel und wird deshalb nur bei starken Menschen verwendet. Die Milch vertreibt die Warzen, Krusten, aber auch die Haare. Euphorbia wird zu einer Salbe gegen Räude am Kopf verwendet. Die Wurzel in Essig gekocht, und auf schmerzhafte Zähne aufgelegt, mildert die Schmerzen. Derselbe Autor empfiehlt die Samen oder einen Abguß der Blätter von Euphorbia lathyris als Purgans und Brechmittel. Das Öl, aus den Samen gewonnen, ist ein Mittel gegen Wechselfieber. Die Milch, ähnlich wie bei Euphorbium cyparissias, beseitigt die Warzen und Ekzeme, Sommersprossen, Finnen und andere Gesichtsunreinigkeiten. Euphorbia lathyris wird auch zur Haarentfernung benützt (2). Euphorbia peplus hat ähnliche Wirkungen wie E. cyparissias (3).

In der Laienmedizin wird am meisten Euphorbia cyparissias verwendet, und zwar zur Beseitigung der Warzen (4, 5, 6, 7), hie und da auch gegen Sommersprossen.

Literatur: (1) Veleslavín 1596, 437 D; (2) Veleslavin 1596, 436 D; (3) Veleslavín 1596, 439 B; (4) Polívka, Květena IV. 197; (5) Svěrák, Věstník Matice Opavské, 1901, č. 9, 16; (6) Mosler, Lid. léč. od Opavy, čL. XI. 49; (7) Roubal, Rostlinny v lid. podání, čL. XI. 438.

Nach Hübotter (Hübotter, Beiträge zur Kenntnis der chinesischen sowie tibetisch-mongolischen Pharmakologie, S. 126, Berlin 1913.) wird in der chinesisch-mongolisch-tibetanischen Medizin eine Euphorbiaart bei Lungenkrankheiten und Nierenentzündung angewandt. Um welche Spezies es sich dabei handelt, ist nicht erwähnt. Hingegen wird ausführlich die Wirkung der Euphorbia lasiocaula Boiss. beschrieben. In der Mongolei wird sie als Abführmittel bei schweren Erkrankungen gebraucht und zur "Beruhigung geschwüriger Schäden". Weiter sagt man von ihr, daß sie stark diuretisch auf Flüssigkeitsansammlungen im Leibe wirkt. Sie ist: "bitter, kalt, giftig, bringt das Blut in Bewegung, wirkt schweißtreibend, befördert Stuhl und Urin, heilt die 12 Arten von Wassersucht, Völligkeitsgefühl im Leibe, plötzliche Schmerzen, Anhäufungen, Geschwülste am Hals und Achselgegend, hilft gegen giftige Einflüsse des Windes und gegen geschwollene Füße, macht die Gefäße durchgängig, bewirkt Abort. Aus Versehen eingenommen, schädigt diese Medizin das rechte Pneuma."

Der Milchsaft der Wolfsmilch erzeugt Würgen, Gastroenteritis mit Erbrechen und Durchfall, Blutaustritte und Geschwürbildung im Darm, kalte Schweiße, unregelmäßigen Puls, Pupillenerweiterung, Schwindel, Delirien, Zuckungen (Kobert, Lehrb. d. Intoxik., 1893, S. 352.) u. U. akute Nephritis (Brit. Pharm. Cod., S. 427.), reizt die Schleimhaut der Atmungswege und verursacht örtliche Reizungen, Entzündungen und Verätzungen der Haut, insbesondere der Augenbinde- und Hornhaut (Jaksch, Vergiftungen, i. Nothnagels Spez. Pathologie u. Therapie, Wien 1897, Bd. 1.).

Der Milchsaft mancher Euphorbiaarten wurde zur Entfernung von Warzen und Sommersprossen sowie als Haarentfernungsmittel benutzt. Nach Touton (Touton, Zentralbl. f. Haut- u. Geschlechtskrankh., Bd. XVII, H. 13/14, S. 762, 1925.) machte aber das daraus hergestellte Pulver und der Extrakt nicht nur eine erisypelatöse, vesikulöse, pustulöse und phlegmonöse Entzündung, sondern führte sogar zu Gangrän (in einem Falle wurde die ganze Bauchwand gangränös). Nach Touton sind die kräftigsten Arten Euphorbia corollata, Euphorbia ipecacuanha und die auch bei uns vorkommende Euphorbia lathyris L.

Daß den Wolfsmilchgewächsen eine starke antitoxinbildende und immunstoffliefernde Wirkung innewohnt, hat H. Much (Much, M. m. W. 1931, Nr. 47, S. 1992.) durch seine Versuche gezeigt: Mit Wolfsmilchpräparaten vorbehandelte Meerschweinchen setzten einer sonst tödlich verlaufenden Infektion mit Ratinbazillen starken Widerstand entgegen und überstanden diese bei sachgemäßer Behandlung gut. (Den deutlichsten Erfolg sah Much bei Verwendung der Gartenwolfsmilch, Euph. peplus, die auch Hippokrates (Fuchs, Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 2, S. 177, 342, 366, 477, 495 usf., Bd. 3, S. 11, 60, 308, 311 u. f.) verwandte.)

Die Verordnung von Wolfsmilch wäre daher bei noch festzustellenden Infektionskrankheiten als Vorbeugungsmittel zu versuchen, zumal ich bei der Wiederholung der Muchschen Versuche zu gleich guten Ergebnissen kam.

Die verwandte Species Euphorbia lathyris L. ist in der chinesischen Medizin des 10. Jahrhunderts unter dem Namen Hsü-sui-tzu als Diuretikum und Purgans erwähnt (Tsutomu Ishidoya, Chinesische Drogen, Bd. 1, S. 85.).

In der homöopathischen Literatur (Stauffer, Klin. hom. Arzneimittell., S. 454; Dahlke, ges. Arzneimittell., 118.) wird Euphorbium besonders bei heftigen Katarrhen der oberen Luftwege im ersten Stadium, bei Augen- und Ohrenkatarrh, Herpes zoster und Erysipel gelobt.

Als Inhaltsstoffe des Krautes werden angegeben: Fett mit Olein, Cerylalkohol, Euphorbon, Fructose, Cholin, Euphorbin, organische Säuren und Salze. Der Milchsaft enthält u. a.: Euphorbon, Harz, Kautschuk, Gallussäure, Äpfelsäure, Weinsäure, Gummi, ätherisches und fettes Öl, vielleicht auch ein Alkaloid (Wehmer, Pflanzenstoffe, II, 1931, S. 696.).

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Innerlich gegen Wassersucht; äußerlich gegen Zahnschmerzen, als Salbe gegen Krätze, zum Entfernen von Haaren und Warzen.

Norwegen: Der Saft von Euphorbia helioscopia, E. esula und E. peplus als Salbe bei Ringflechten und Warzen (I. R.-K.).

Ungarn: Innerlich gegen Wassersucht, äußerlich gegen Warzen.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Die Anwendung in starken Dosen bei Wassersucht und als Purgans ist kaum noch üblich. Hingegen wird Euphorbia in homöopathischen Dosen verhältnismäßig häufig angewandt bei chronischen Reizzuständen der Schleimhäute und der Haut. Einzelindikationen sind: Katarrhe der Respirationsorgane wie Pharyngitis, Fließschnupfen mit scharfen Sekreten, Siebbeinkatarrh und nächtlicher trockener Husten, ferner ruhrartige Diarrhöen, Magenkrämpfe, Vomitus, Brechdurchfall.

Als Augenmittel wird Euphorbia vorwiegend bei Konjunktivitis und Augenschmerzen alter Leute (hier im Wechsel mit Calcium fluor.) gebraucht. Auch bei Knochentuberkulose und entzündlichen Schwellungen und Schmerzen der Gelenke und Knochen wird das Mittel genannt.

Von Dermatopathien reagieren Erysipel, Psoriasis, chronische Ekzeme, Hautbrennen und Blasenausschlag mit Fieber günstig darauf. Bei Warzen ist die äußerliche Anwendung des Saftes von Nutzen. Versucht kann es auch bei Infektionskrankheiten mit starkem Exanthem wie Scharlach und Masern werden.

Bei Schlaflosigkeit und sexueller Übererregbarkeit empfiehlt es Bastian, während Kalkowski es bei Gehörstörungen mit Verstopfung der Eustachischen Röhre nennt.

Angewandter Pflanzenteil:

Hippokrates gebrauchte öfters den Saftder Gartenwolfsmilch.

Dioskurides empfahl den Saft, die Frucht und die Wurzel.

Lonicerus bevorzugt die Wurzelrinde, ferner nennt er den Samen, warnt jedoch vor dem Gebrauch des reinen Milchsaftes.

Wie v. Haller berichtet, wurde in den Apotheken hauptsächlich die Wurzel verwendet.

Nach Geiger wurde die Wurzelrinde mehr als das Kraut gebraucht.

Das Kraut und die Wurzelrinde, Herba et Cortex Radicis Esulae minoris, waren früher offizinell.

Schroff kennt den Gebrauch der Samen in der Volksheilkunde als Emetikum.

The Brit. Pharm. Codex nennt Stengel, Blüten, Samen und Blätter von Euphorbia pilulifera.

Clarke braucht die frische Pflanze.

Das HAB. nennt die frische blühende Pflanze mit Wurzel von Euphorbia cyparissias als Ausgangsstoff für die homöopathische Urtinktur.

Das "Teep" wird aus den frischen, blühenden Pflanzen mit Wurzeln von Euphorbia cyparissias und Euphorbia peplus hergestellt.

Euphorbium ist in allen Pharmakopöen mit Ausnahme von England, Holland, Japan und den USA. offizinell.

Dosierung:

Übliche Dosis in der Homöopathie:

1 Tablette der Frischpflanzenverreibung "Teep" dreimal täglich.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 1% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,0025 g Euphorbiae.)
dil. D 2-4, dreimal täglich 10 Tropfen. Wenn Euphorbia in der Homöopathie verordnet wird, so wird Euphorbia cyparissias abgegeben.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt, doch cave zu große Gaben vgl. Wirkung.

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.