Iris versicolor. Schwertlilie. Iridaceae.

Botanical name: 

Name: Iris versicolor L. Verschiedenfarbige Schwertlilie. Französisch: Glaïeul bleu; englisch: Blue flag.

Namensursprung: Griechisch _ρις (íris) = Regenbogen ist schon seit dem hippokratischen Zeitalter der für die Schwertlilien wegen der Farbenpracht ihrer Blüten übliche Name; versicolor = buntfarbig, schillernd.

Botanisches: Aus einem kriechenden, fast walzlichen Wurzelstock erheben sich die schwertförmigen, ganz schmalen, an der Spitze gebogenen Blätter und der bis zu 1 m hohe Stengel. Dieser trägt meist nur zwei bis drei ziemlich große Blüten, die von häutigen, trockenen Blattscheiben gestützt werden. Die Blütenhülle besteht aus sechs in zwei Reihen angeordneten Blättern, von denen drei nach unten und drei nach oben gebogen sind. Die unteren sind oval, ganzrandig, ausgerandet, von blauer Farbe und am Grunde weißlich oder gelb gefleckt mit violetten Adern. Die oberen Zipfel sind kleiner, spatelig und purpurviolett und fast so lang wie die an der Basis zweizähnigen, violetten, weiß berandeten Zipfel des Griffels. Die Frucht ist eine dreikantige Kapsel. Nordamerika ist die Heimat der Pflanze, wo sie an sumpfigen nassen Stellen vorkommt. Blütezeit: Mai bis Juli.

Geschichtliches und Allgemeines:

In Nordamerika wird Iris versicolor gegen Wassersucht gebraucht und ist auch bei den Indianern ein altbekanntes Heilmittel. Die Iris versicolor hat in der Therapie die Iris germanica verdrängt, deren Wurzel als Veilchenwurzel fast nur noch als Geruchskorrigens zum Bestreuen von Pillen und als Zusatz zu Brusttee und als Kaumittel beim Zahnen der Kinder Verwendung findet. Wittich nennt sie 1696 noch bei Hydrops, und zwar wurde der frische Wurzelsaft mit Zucker gegeben. Getränkt mit dem Extrakt der Alpenveilchenwurzel, wurde sie nach der Geburt als Zäpfchen zur Herbeiführung der Menstruation eingelegt. Aus den Wurzelstückchen wurden auch sogenannte Globuli Iridis gedrechselt (Pois d'Iris de Paris), die mit Seidelbastsaft und Cantharissaft getränkt zur Erzeugung von Fontanellen angewendet wurden.

Wirkung

Die amerikanische Medizin gebraucht Iris versicolor als Cholagogum, als mildes, aber wirksames Purgans und als Diuretikum. Vorwiegend findet es Anwendung bei Duodenalkatarrh mit chronischem Ikterus, bei Malaria, Gallenfiebern und Ikterus infolge Malaria, ferner bei Hydrops und bei einer gewissen Art von Kopfschmerz in der rechten Supraorbitalzone mit Nausea und Vomitus, der wohl durch Störungen der Leberfunktion verursacht wird (Potter, Mat. med., 1898, S. 323.).

Von den Eklektikern wird Iris vers. - wohl wegen der cholagogen und diuretischen Wirkung - als vegetabilisches Quecksilber bezeichnet (Stauffer, Klin. hom. Arzneimittell., S. 545.).

In der Homöopathie wird Iris vorwiegend gegen Nausea, Migräne und Diarrhöe angewandt ((Vgl. 2); Hughes-Donner, Einf. in die hom. Arzneimittell., 142; Schmidt, Lehrb. d. hom. Arzneimittell., S. 171.). Auch gegen Pankreasdiabetes wird sie gern benutzt (Donner, Allgem hom. Ztg. 1934, Nr. 1, S. 25.).

Die frische Wurzel wirkt purgierend, emetisch, diuretisch und verursacht schwere Nausea mit Prostration. Sie soll ein Alkaloid Iridin enthalten, das sich in Versuchen an Hunden als kräftiges Leberstimulans mit beträchtlichem Einfluß auf die Intestinaldrüsen erwies und stärker abführte als Evonymin, jedoch weniger reizend wirkte als Podophyllin. In sehr kleinen Dosen ruft es chronische Obstipation infolge Inaktivierung der Darmtätigkeit hervor ((Vgl. 1).).

Von anderer Seite wird das Vorhandensein von Iridin in Iris versicolor bestritten; man stellte als Bestandteile u. a. ätherisches Öl, Isophthalsäure, größere Mengen von Harz und einen tanninartigen Körper fest (Power and Salway, Amer. J. Pharm. 1911, Bd. 33, S. 1, und eigene Untersuchungen.).

Bei Untersuchungen über Toxingehalt wurden in Iris versicolor geringe Mengen von ausfällbarem Eiweiß von starker Giftigkeit gefunden (Nach eigenen Untersuchungen.).

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Die Hauptwirkung von Iris versicolor erstreckt sich auf angiospastische Hemikranie und Erkrankungen des Pankreas, erst in zweiter Linie kommen die des Magens und der Leber in Betracht.

Schematische Darstellung der Häufigkeit der Anwendung von:

** missing image **

So ist Iris ein ausgezeichnetes Mittel bei Migräne, die fast immer mit Magenstörungen und saurem Erbrechen verbunden ist. Häufig treten auch vorübergehende Sehstörungen dabei auf, und die Schmerzen kehren periodisch wieder. Die Anfälle können durch übergehen von Mahlzeiten und geistige Überanstrengung hervorgerufen werden. Daher reagiert auch die sogenannte Sonntagsmigräne der Geistesarbeiter besonders gut darauf. Oft und mit Erfolg wird Iris bei Ischias und Trigeminusneuralgie angewandt, auch bei Stirnhöhlenkatarrh wurden gute Ergebnisse damit erzielt. Bei Amputationsneurosen lobt es Kleine, Wuppertal, sehr.

Weiter wird Iris sehr geschätzt bei Erkrankungendes Pankreas und den damit in Verbindung stehenden Leiden wie Diabetes*) und anderen Störungen hervorgerufen durch Insuffizienz der Bauchspeicheldrüse.

Auch Diarrhöen, Sodbrennen, Vomitus, chronische Gastritis und Gastrosuccorrhöe, Dyspepsie und übermäßige Salivation sprechen zuweilen günstig auf Iris versicolor an. Dazwischen wird das Mittel auch bei Leberleiden und Gallensteinen und vereinzelt als Frauenmittel bei Dysmenorrhöe und Amenorrhöe genannt.

Bei Wassersucht sollen zuweilen recht befriedigende Erfolge gezeitigt worden sein. Hier wurde Iris als Injektion (1%) und gleichzeitig per os verabreicht.

Äußerlich gebraucht Kraft, Pfeddersheim, die zerquetschten Blätter zum Auflegen bei Brandwunden und Geschwüren.

Iris versicolor wird meistens als Einzelmittel verordnet.

Bei Diabetes mellitus gibt man im Wechsel Acid. phosph. dil. D 3 dreimal täglich 10-20 Tropfen; bei Ischias: Gnaphalium; bei Neuralgie: Colocynthis.

Schematische Darstellung der Häufigkeit der Anwendung verschiedener Heilpflanzen bei:

** missing image **

+) Beispiel für die Anwendung: (Nach Donner, "Allgemeine homöopathische Zeitung" 1934, Nr. 1, S. 25.)

Eine Patientin, hoch in den 60igern, besuchte einmal die Poliklinik. Es wurde ein Diabetes festgestellt, an dem die Patientin schon seit Jahrzehnten litt. Außerdem eine Hypertonie, eine Altersarthritis und deutliche Anzeichen einer Paralysis agitans. Da sie außerdem an schmerzlosen Durchfällen litt, wurde ihr als "Antidiabetikum" Phosphorsäure verordnet nebst diätetischen Ratschlägen. Etwa ein Vierteljahr nach der ersten Konsultation (nachdem auch andere Mittel wie Barium carbonicum der Altershypertonie wegen verordnet waren) teilte die Tochter mit, daß die Mutter wieder an einem ganz besonders heftigen Durchfall leide, sie käme kaum von der Bettschüssel herunter. Nähere Fragen ergaben: Wäßrige Durchfälle mit Unsicherheit des Afterschließmuskels, ein Hausbesuch kam der Entfernung wegen nicht in Frage, den dort ansässigen Allopathen wollte die Patientin nicht haben, so blieb also nichts anderes übrig, als auf Grund der Angaben der die Patientin pflegenden Tochter ein Mittel zu wählen und damit einen Versuch zu machen. Aloë D 3, später Croton D 4 blieben erfolglos. Dann gab ich Iris D 3. Indikation: Pankreasdiabetes, wäßrige Durchfälle, fraglicher Zusammenhang zwischen Pankreas und Durchfall. Nach weiteren 14 Tagen: Seit 4 Tagen Durchfall fast weg. Nach drei Monaten: In den letzten Monaten kein Durchfall mehr . . . Dann verlor ich die Patientin aus den Augen.

Angewandter Pflanzenteil:

Alle Autoren geben den Wurzelstock als verwendeten Pflanzenteil an. Das HAB. läßt den frischen Wurzelstock verwenden (§ 3), der auch zur Bereitung des "Teep" gebraucht wird.

Dosierung:

Übliche Dosis: 0,3-1,2 g der gepulverten Wurzel (Potter).

1 Tablette der Frischpflanzenverreibung "Teep" bei Migräne im Anfall viertelstündlich.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 10% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,025 g Rhiz. Iridis vers.)

In der Homöopathie: dil. d 3.

Maximaldosis: Nicht festgesetzt.

Verträglichkeitsprüfung am Gesunden:

Auf meine Veranlassung nahmen sechs Personen Iris versicolor "Teep" D 2 bis "Teep" 0 (je 3 Tabletten). Die Verabreichung von "Teep" D 2 rief keine Erscheinungen hervor; nach "Teep" D 1 hatten von sechs Personen zwei eine schlaflose Nacht, zwei andere dagegen einen so festen Schlaf, daß sie "beinahe die Zeit verschliefen"; nach "Teep" 0 klagte nur eine Person über schlechten Schlaf, vier hatten besonders gut geschlafen und bei der sechsten zeigten sich Blüten im Gesicht. Auf jeden Fall scheint dieses Mittel auch eine starke Einwirkung auf das Schlafzentrum zu haben.

Rezepte:

Als Cholagogum:

Rp.:
Rhiz. Iridis conc. . . . 30 (= Wurzelstock der Schwertlilie)
D.s.: ½ Teelöffel voll mit 1 Glas Wasser kalt ansetzen, 8 Stunden ziehen lassen und tagsüber trinken.
(Teezubereitung: Der Extraktgehalt eines im Verhältnis 1 : 10 hergestellten Tees beträgt 1,73% gegenüber 1,41% bei kalter Zubereitung. Der Glührückstand beträgt bei heißer Zubereitung 0,096% und bei kalter 0,073%. Die Peroxydasereaktion ist in beiden Zubereitungen negativ. Der kalt bereitete Tee ist stärker und im Gegensatz zur heißen Zubereitung nicht bitter und von angenehmem Geschmack.
1 Teelöffel voll wiegt 5,1 g. Der Tee wird zweckmäßig mit ½ Teelöffel voll auf 1 Teeglas angesetzt. Der Ansatz kann kalt oder heiß erfolgen.).
Rezepturpreis ad chart. etwa -.42 RM.

Bei Hydrops (nach Fuchs):

Rp.:
Iridis versicoloris D 3 in Ampullen à 1 ccm.
D.s.: In schweren Fällen täglich 1 Injektion subkutan (auch intravenös). In leichteren Fällen zweimal wöchentlich.
(Die Urinausscheidung hält nach einer Injektion bis ca. 24-36 Stunden an.)
O.P. Schachtel mit 3 Ampullen zu 1 ccm -.44 RM. O.P. Schachtel mit 6 Ampullen zu 1 ccm -.74 RM.

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.