Veratrum album. Weißer Germer (weiße Nieswurz). Liliaceae.

Botanical name: 

Name: Vératrum álbum L. (= Helleborus albus Güldenstaedt, = Melanthium album Thumb.). Weißer Germer. Französisch: Vératre blanc, Hellebore blanc; englisch: White-flowered Veratrum, white hellebore; italienisch: Elabro bianco, Veladro.

Weiteres Vorkommen: Sibirien (bis Kamtschatka) Altai, Japan, Arktis (zirkumpolar), besonders in der Berg- v. alpinen Region der Gebirge.

Namensursprung: Veratrum ist bei Plinius der Name einer auch mit Helleborus (Nieswurz) bezeichneten Pflanze; früher wurde Veratrum album auch häufig "weiße Nieswurz" genannt. Der Name Germer findet sich bereits im Althochdeutschen als germarrum, germâra.

Volkstümliche Bezeichnungen: Germele, Gerbere, Görbela, Görbala, Geermäder, Germägä (Schweiz). Hemmer (Niederösterreich), Hammer (Kärnten), Hemmern (Kärnten, Tirol), Hammerwurz, Hemad, Hemat'n (Alpenländer), Hematwurzen (Berchtesgaden), Hematwurz'n (Niederösterreich). Dem Slawischen sehr nahe stehen noch: Tschamarika, Tschemer, Zemmer (Kärnten). Der Absud der Wurzel wird gegen Läuse und Küchenschaben verwendet, daher Lauskraut (österreich, Tirol, Schwaben), Lauswurz (Allgäu), Lusworza (Schweiz: St. Gallen), Schwab'nwurz (Niederösterreich) Chäferworzel, Chäfer = Blatta (St. Gallen). Oldocke, Wendedocken (Riesengebirge).

Botanisches: Die ausdauernde, 50-150 cm hohe Staude mit beblättertem und dicht behaartem Stengel ist in Eurasien beheimatet. Ihre unteren Blätter sind elliptisch, die oberen lanzettlich, der Blütenstand besteht aus einer endständigen 30-60 cm langen Rispe mit weißen oder gelblichgrünen sechszähligen Blüten, die bei Sonnenschein einen betäubenden Geruch verbreiten. Veratrum album ist eine Charakterpflanze der subalpinen Weiden und fetten Mähewiesen, wo sie den Sennen als giftiges und platzraubendes Unkraut verhaßt ist. Sie ist wie Aconitum eine ausgesprochen harnliebende Pflanze, die man auch als nitrophil oder ammoniakliebend bezeichnen kann. Kälber, Schafe und Ziegen können nach dem Genuß dieser Pflanze unter Verdauungsstörungen zugrunde gehen. Pferde hingegen sind weniger empfindlich. Als weiterer Nachteil kommt noch dazu, daß der Germer den Boden stark aussaugt. Blütezeit: Juli bis August.

Geschichtliches und Allgemeines:

Infolge der ungenauen botanischen Beschreibungen läßt es sich nicht sicher feststellen, ob der in der Antike sehr häufig erwähnte "elleborus leukos" unser Veratrum album ist. Hahnemann vertrat in seiner Habilitationsschrift "Dissertatio historico-medica de Helleborismo veterum", Leipzig 1812, die Ansicht, daß Helleborus albus mit Veratrum album zu identifizieren ist. In den hippokratischen Schriften ist der "elleborus leukos" als sehr häufig angewendetes Brechmittel aufgeführt, ebenso nennt ihn Dioskurides als brechen- und niesenerregendes Mittel. Diese im Altertum übliche Anwendung als Brechmittel veranlaßt v. Grot zu der Vermutung, daß der hippokratische Ausspruch "Krampf nach dem Gebrauche eines Abführmittels ist sehr gefährlich" auf Grund der Anwendung von Veratrum entstanden ist. Nach Plinius wurde die Pflanze gegen Ungeziefer gebraucht und Aëtius berichtet von der Heilung Wahnsinniger durch sie. Die Kräuterbücher des Mittelalters halten auch den "elleborus leukos" der Alten für unseren Germer. Der Glaube, daß man mit Veratrum album den Wahnsinn heilen könne, zieht sich noch bis in die Neuzeit. 1783 weiß Murray von 23 Fällen zu berichten, in denen Wahnsinnige durch den Gebrauch von Veratrum album geheilt sein sollten. Erst im 19. Jahrhundert wurde die vielleicht überschätzte Bedeutung der Pflanze auf die ihr gebührenden Ausmaße beschränkt. In der Volksmedizin wird der Germer heute nur noch selten verwendet. Hoelzl gibt einen Fall an, wo die Ruthenen in der Bukowina das Czemerycia (= Germer) als Geheimmittel bei Schwindsucht gebrauchen. Äußerlich wird die Pflanze noch häufig gegen Ungeziefer bei Mensch und Vieh verwendet. - Nach vielen übereinstimmenden Beobachtungen zählt der Germer wohl zu den schärfsten narkotischen Giften. Vicat erzählt von einem Schneider, der mit Frau, Kindern und Gesellen durch weiße Nieswurz vergiftet wurde. Die Frau nahm aus Versehen statt Pfeffer gepulverte Nieswurz, das als Läusemittel vorrätig war, zur Suppe. Die Suppe hatte einen unangenehmen Geschmack, doch wurde sie trotzdem gegessen. Nach kurzer Zeit fühlten sich alle sehr krank, sie wurden am ganzen Leibe kalt, hatten eiskalten Schweiß, waren äußerst schwach, fast pulslos. Auf von selbst erfolgtes und zweckmäßig unterstütztes Erbrechen erholten sich alle Vergifteten wieder. Die Nieswurz war früher ein beliebtes Mittel beim Vogelfang. So schreibt u. a. auch Matthiolus: "Wiltu tauben fahen mit den henden / so seud Niesswurtz mit Weytzen biss der Weytze auffbricht / vnd gib das den tauben oder enten zu essen / du fahest sie mit der handt in kurtzem darnach." Eine sehr ausführliche Literaturzusammenstellung über die Nieswurz als Vogelköder bringt auch Zaunick in seiner Arbeit "Die Fischerei-Tollköder in Europa vom Altertum bis zur Neuzeit", 1928.

In Nordamerika ist bis in die neuere Zeit unter dem Namen Rad. Hellebori albi die Wurzel von Veratrum viride L. offizinell. Den Indianern war das Brechen mit der Veratrumwurzel schon bekannt, und derjenige wurde bei ihnen als der Tüchtigste zum Häuptling gewählt, dessen Magen gegen Veratrum am unempfindlichsten war.

Wirkung

Bei Hippokrates (Fuchs, Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 94, 107, Bd. 2, S. 246, 247, 254, 440, 470, 504, 520, 524, 526, 531, Bd. 3, S. 49, 333, 345, 357, 440, 460, 550.) fand der Germer häufig Anwendung.

Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 254.) schildert ihn als emetisch, purgierend und diuretisch wirkend und verordnet ihn Aussätzigen, Melancholischen, zum Austreiben der toten Geburt, gegen Epilepsie, Schwindel, "vanwitzigkeyt", Podagra, Wassersucht, Krämpfe, viertägiges Fieber, veralteten Husten und "krimmen", äußerlich - in die Nase getan - soll er "das Haupt reinigen" und gegen Augenschmerzen dienlich sein.

Diesen Indikationen fügt Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 420.) für den äußerlichen Gebrauch noch hinzu: Flechten, Räude, Geschwüre, Grind, "alte Schäden", Zahnweh, Förderung der Menses.

v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 753.) verwendet die weiße Nieswurz äußerlich gegen Krätze und andere Hautleiden, vorwiegend aber als Niespulver zur "Reinigung des Haupts"; vor dem innerlichen Gebrauch warnt er, da die Wurzel "Gichter zuwegen bringen kan".

Auch Hufeland (Hufeland, Enchir. med., S. 156, 344.) verordnet Veratrum album gegen Skabies, außerdem bei Gemütsleiden.

Im Jahre 1856 empfahl Markbreiter (Markbreiter, zit. nach H. Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 67, 1929.) und im darauffolgenden Jahre auch Hubeny (Hubeny, zit. nach Schulz .vgl. 6.) die Tinctura Veratri dringend bei Cholera asiatica und Cholera nostras. Ersterer verordnete cholerakranken Kindern die Tinctura Veratri zu einem Tropfen auf 30 g Wasser und ließ von dieser Verdünnung, je nach der Heftigkeit der Erscheinung und dem Alter des Kindes, einen halben bis einen ganzen Teelöffel voll nehmen. Hubeny verordnete die aus dem Rhizom von Veratrum lobelianum bereitete Tinktur (1 Teil Rhizom auf 4 Teile Alkohol) folgendermaßen: Tinctura Veratri guttae 2, Aqua destillata 120,0, Syrupus Aurantii Corticis 30,0. Hubeny schreibt über die von ihm angewandte Therapie:

"Hiervon (also von der eben genannten, stark verdünnten Tinktur) wurde einem Erwachsenen ein Eßlöffel, einem Kinde ein Kaffeelöffel, je nach der vorhandenen Gefahr, alle 15-30 Minuten, stündlich, zweistündlich und so weiter verabreicht, und ich habe nie notwendig gehabt, in der Gabe zu steigern. Vor allem sind es die überhandnehmenden, geruchlosen, weißlichen Stühle mit oder ohne Erbrechen, welche möglichst bald behoben werden müssen, da bei ihrem Bestand die Kräfte zusehends abnehmen und die Krankheit rasch ihre unbezwingbare Höhe erreicht. Erfolgen die charakteristischen Entleerungen rasch hintereinander, so daß sich der Kranke jeden Augenblick auf den Nachtstuhl setzen muß, dann wird das Mittel jede Viertelstunde solange verabreicht, bis eine sichtliche Abnahme der Entleerungen eintritt, wo es dann in längeren Zwischenräumen gereicht wird. Wenn sich jedoch bei fortschreitender, allgemeiner Besserung durch 36-40 Stunden die betreffenden Entleerungen gar nicht gezeigt haben, so werde das Mittel ganz ausgesetzt oder doch sehr selten, ein- bis zweimal am Tage gegeben. Ich kann nicht genug diese Vorsicht empfehlen, weil sonst eine ungewöhnliche hartnäckige, oft über acht Tage anhaltende Stuhlverstopfung eintritt, die mitunter nur stärkeren Abführmitteln weicht. Häufig bemerkt man schon nach der dritten Gabe, daß die Krankheit eine günstige Wendung zu nehmen beginnt. Im allgemeinen kann man als sicher annehmen, daß dies nach zwei Stunden geschieht. Die ersten und sicheren Anzeichen der beginnenden Besserung sind: Die Anzahl der wäßrigen, weißlichen und geruchslosen Entleerungen, die jedesmalige Menge derselben nimmt ab, sie bekommen eine andere Farbe und den gewöhnlichen Geruch wieder. Es bleibt häufig nur bei der Mahnung zum Stuhl oder Erbrechen. Die Haut wird wärmer, der Puls hebt sich, die quälenden Krämpfe lassen nach, es stellt sich Schlaf und endlich auch die unterdrückte Harnabsonderung ein."

Über die Verwendung in der russischen Volksmedizin bringt W. Demitsch (W. Demitsch, in Histor. Studien aus d. pharm. Inst. d. Univ. Dorpat, Bd. I, S. 214, Halle 1889.) folgende Zusammenstellung:

"Nach Lepechin gebrauchen die Mordwinen die pulverisierte Wurzel des Germer äußerlich bei verschiedenen Hautunreinlichkeiten (J. Lepechin, Tagebuch-Aufzeichnungen [1768-1769] I, 301. St. Petersburg 1771). Dieselbe wird auch als Anthelmintikum benutzt, doch mit Vorsicht, da sie giftig ist (P. S. Pallas, Reise durch verschiedene Provinzen des russischen Reichs. I, 49-50. St. Petersburg 1773-1776). Im Gouvernement Perm wendet man das Mittel an: Bei Zahnschmerzen, Geschwülsten (in Kataplasmen) und Panaritien. Der innere Gebrauch kommt bei Eingeweidewürmern und Trunksucht in Betracht. (Wirthschaftliche Beschreibung des Gouvernements Perm. Herausgegeben von Popow, 1813, S. 51-52). Im Ural werden juckende Ausschläge mit einer Abkochung der ganzen Pflanze äußerlich behandelt (Gesundheitsfreund 1834, S. 118). In Nertschinsk verwendet man das Mittel gegen "venerische" Krankheiten (N. Kaschnin, Medic. topogr. Beschreibung der Knjase-Konstantinowschen "Distanz" des Kreises Nertschinsk. Mos. Medic. Zeitung 1860). - Am Flusse Argun wird eine Wurzelabkochung des Germer für das beste innerliche Mittel gegen Wassersucht gehalten, jedoch betont Kaschnin, daß der wirkliche Gebrauch desselben Brechdurchfall errege und dadurch den Körper sehr schwäche. - Im Gouvernement Tula wäscht man sich mit einer Wurzelabkochung der Pflanze bei Flechten (N. Annenkow, Botanisches Lexicon, St. Petersburg 1878, S. 374). - In Kleinrußland bedient man sich desselben Mittels zur Beseitigung von Kopfläusen, Kopfflechten und von Krätze. Die getrockneten pulverisierten Blätter von Veratrum nigrum werden dem Schnupftabak beigemengt, welcher zur Behandlung des Schnupfens und der dadurch bedingten Kopfschmerzen beim Volke dient. Das Gemisch ruft starkes Niesen, manchmal sogar Nasenbluten hervor. (K. S. Gornitzki, Bemerkungen über einige wildwachsende und angebaute Pflanzen der Ukraineflora, die als Volksheilmittel im Gebrauch sind. 1887, S. 176.)

Gebhard (Gebhard, zit. nach K. Mayer, Biologische Heilkunst 1933, Nr. 9, S. 133.) gibt an, daß Veratrum sich bei Herzbeschwerden, bei denen sich kein objektiver Befund erheben lasse, bewähre.

In neuester Zeit gelang es Forster (Forster, Presse méd. 1933, Nr. 57, S. 1151.), gute Erfolge bei Myasthenie mit der Verabreichung von dreimal täglich 5 Tropfen Tct. Veratri zu erzielen; Gaben von dreimal 15 Tropfen erzeugten bereits leichtere Beschwerden. Hager (Hager, Handb. d. pharm. Praxis, Bd. II, S. 904.) erwähnt die äußerliche Anwendung der Tinktur bei Pityriasis rosea. In der Veterinärmedizin wird Veratrum album häufig als Emetikum für Schweine und bei Staupe der Hunde gegeben.

Die Homöopathie (Hughes-Donner, Einf. i. d. hom. Arzneimittell., S. 217.) hatte gute Erfolge damit bei der Behandlung von Cholera, Sommerdiarrhöen und Koliken. Weiter wendet sie das Mittel als Tonikum bei Herz- und allgemeiner Muskelschwäche, bei Typhus und chronischen Fieberzuständen mit Nausea und Prostration an.

Lange Zeit wurde irrtümlicherweise angenommen, daß das in den Sabadillsamen entdeckte Alkaloid Veratrin auch den Wirkstoff des Rhiz. Veratri darstellte. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts gelang es Salzberger, aus Veratrum ein sehr giftiges, gut kristallisierbares Alkaloid zu isolieren, das Protoveratrin genannt wurde. Das Protoveratrin ist wie Veratrin ein ausgesprochenes Nerven- und Muskelgift und ähnelt in seiner Wirkung weitgehend dem letzteren. Einer der wesentlicheren Unterschiede ist nach Boehm (Boehm, in Heffter-Heubners Handb. d. exp. Pharm., Bd. II, 1, S. 273.) folgender: Die spezifische Muskelwirkung des Protoveratrins äußert sich zunächst in gleicher Weise wie beim Veratrin in der "Veratrinzuckung"; während sie aber bei letzterem sehr lange stationär bleiben kann, nimmt sie bei Protoveratrin bald eine andere Form insofern an, als nun nicht mehr Einzelreize, sondern nur noch eine Reizfolge abnorme Reaktionen auslösen und die Nachwirkung außerdem einen ausgesprochen oszillatorischen Charakter trägt.

Die Toxizität des Protoveratrins erreicht für Kaninchen das 25fache derjenigen des kristallisierten Veratrins.

Nach Eden (Eden, Naunyn-Schmiedebergs Arch. f. exp. Path. u. Pharm., 29, 440, 1892.) wirkt das Protoveratrin lokal stärker anästhesierend als das Veratrin und die lähmende Wirkung auf den Vagus ist ausgesprochener, dagegen ist die typische Veratrinmuskelzuckung bei Protoveratrin nur unter besonderen Kautelen zu erhalten.

Eine ausführliche vergleichende pharmakologische Übersicht über das Veratrin und Protoveratrin bringt Mayer (Mayer, St. K., Beiträge zur vergleichenden Pharmakologie, Biologische Heilkunst 1933, Nr. 9; anschließend das umfangreiche Literaturverzeichnis dieser Arbeit:


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Von den übrigen in Veratrum festgestellten Alkaloiden, wie Jervin, Pseudojervin, Rubijervin und Protoveratridin hat nach Lissauer (Lissauer, Arch. f. experim. Path. u. Pharmakol. 23, 36, 1887.) das Protoveratridin eine schwache von dem Protoveratrin qualitativ verschiedene Wirkung.

Entsprechend der Tatsache, daß Veratrum kein Veratrin enthält, ist eine Angabe von H. Schulz (H. Schulz, Dtsch. med. Wschr. 1885, Nr. 7.) richtigzustellen. H. Schulz untersuchte, ausgehend von der Anwendung einer nahen Verwandten, Veratrum lobelianum, in der schlesischen Volksmedizin gegen Cholera, die Wirkung des Veratrins im Tierversuch. Es ergab sich ein choleraähnliches Vergiftungsbild. Diese Tatsache kann jetzt nicht mehr zur Erklärung der Veratrumanwendung und zur Stützung des Simileprinzips verwendet werden.

Als Vergiftungssymptome wurden beobachtet: Pulsverlangsamung, Vomitus, Schwäche, Hidrosis, Störungen des Sensoriums (Kobert, Lehrb. d. Intoxik., S. 650; Löwensohn, Inaug.-Diss. Dorpat 1890 (mit Lit.).).

Brouardel, Seligmann und Cheramy (Brouardel, Seligmann and Cheramy, Anal. de med. legal., 1925, S. 321, zit. nach Schwarz in G. u. F. Klemperers Neue Dtsche. Klinik, Bd. 7, S. 702.) berichteten folgenden Vergiftungsfall: Einem Drogenhändler waren aus Versehen zwischen Spargelwurzeln Rhizome von weißer Nieswurz geraten. Eine Frau, die diese Spargelwurzeln gekauft und die daraus zubereitete Abkochung getrunken hatte, erkrankte 1 Stunde nach dem Genuß mit Erbrechen, Sehstörungen, kalten Extremitäten, schwachem Puls und herabgesetzter Temperatur. Es bestand zuerst Oligurie mit Spuren von Eiweiß. Innerhalb der nächsten drei Tage bestand die Oligurie mit blutigem Harn fort. Heilung nach zehn Tagen.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Veratrum album wird in der Homöopathie sehr gelobt bei akuten Toxikosen schwerster Art mit Neigung zu Kollaps und kalten Schweißen. Im einzelnen wird man das Mittel verschreiben bei Cholera asiatica et nostras, Sommerdiarrhöen mit kaltem Schweiß, wäßrigen und schmerzhaften Diarrhöen mit Herzschwäche, kaltem Schweiß und Wadenkrämpfen, Enteritis mit grünlich-wäßrigen Stühlen und Vomitus, Koliken, Typhus, großer Schwäche nach Fleisch- und Fischvergiftung, Magenkrämpfen, besonders bei Kindern, Ulcus ventriculi et duodeni mit Krampfschmerzen. Bei akuten, selbst choleraähnlichen Durchfällen gibt Dieterich, Stuttgart, Veratrum D 6 zwölf- bis fünfzehnmal und mehr täglich (u. U. im Wechsel mit Arsen. album) meist mit zuverlässigem Erfolg. Die Dosis D 3 wird von anderer Seite mehr gerühmt.

Das bevorzugte Wechselmittel bei den obenerwähnten Erkrankungen ist Arsenic. album.

Weiter wird Veratrum album als gutes Analeptikum und allgemeines Tonikum angewandt bei Herzschwäche, Herzklopfen, Dekompensationsstörungen, Koronarsklerose, Ohnmacht, Prostration, besonders bei akuten Erkrankungen (u. a. Angina, Erkältungsfieber), schweren Entzündungen der inneren Organe, z. B. Pneumonie, und bei Dysmenorrhöe, ferner bei Rückenmarksleiden, Nervenerschöpfung, Muskelund Fibrillenatrophie, Muskelschwäche, Gallenleiden und Kopfschmerzen (Schmerzen in der Schläfengegend).

Auch Lähmungen, wie Lähmung der Atmungszentren und des Oesophagus, spinale Kinderlähmung, Krämpfe, namentlich Tetanus und Wadenkrämpfe, Asthma, Keuchhusten und beginnende Arteriosklerose werden günstig von Veratrum album beeinflußt, das sich auch bei Psychosen*), Tobsucht, Melancholie (hier in Verbindung mit Bryonia und Herzmitteln besonders von Kleine, Wuppertal, gelobt), nervöser Erregung und Delirien bewährt hat.

Veratrum album ist auch Bestandteil des Schneeberger Schnupftabaks (etwa 1%), der im Volke zur Reinigung der Nase und der Nasennebenhöhlen als Schnupfmittel sehr beliebt ist. (Eine kleine Schachtel mit etwa 10 g kostet 10-15 Pfennig.) Schließlich hat es sich noch bei kalten Füßen bewährt.

+) Beispiel für die Anwendung: (Nach Gutmann, "Deutsche Zeitschrift für Homöopathie" 1935, S. 21.)

Eine 81jährige Frau erkrankt an einem akuten Verwirrtheitszustand als Folge einer cerebralen Arteriosklerose. Seit zwei Tagen erkennt sie die Umgebung nicht, schläft nicht, spricht fortwährend, sieht Feuer und Wasser. Hyoscyamus in dieser Zeit gereicht, tut keine Wirkung. Am Abend des dritten Tages werde ich wieder gerufen. Die Kranke sitzt zusammengesunken auf dem Nachtstuhl, kalter Schweiß auf der Stirn, der Puls ist irregulär; sie hat außerordentlich große Massen weichen Stuhles entleert. Sie erhält Veratrum dil. D 5 in einmaliger Gabe. Kurz darauf verfällt sie in ruhigen Schlaf und erwacht am nächsten Morgen geistig vollkommen klar. Auch in der nächsten Zeit andauerndes Wohlbefinden.

Angewandter Pflanzenteil:

Alle Angaben beziehen sich auf den Wurzelstock, so bei Bock, Matthiolus, v. Haller, Hufeland, Zörnig, Thoms.

Nach dem HAB. ist der vorsichtig getrocknete Wurzelstock zur Bereitung der Tinktur zu verwenden. Zur Gewinnung des "Teep" wird der frische Wurzelstock benutzt.

Sammelzeit: Oktober.

Rhizoma Veratri ist offizinell in Deutschland, in der Schweiz, in Schweden, Griechenland, Belgien, Portugal, in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Finnland und Ungarn.

Dosierung:

Übliche Dosis:
5 Tropfen der Tinktur dreimal täglich (Forster).
1-2 Tabletten der Frischpflanzenverreibung "Teep" stündlich.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 1% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,0025 g Rhiz. Veratri.)

In der Homöopathie:

dil. D 4.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt, doch cave große Dosen.

Rezeptpflichtig:

Rhizoma Veratri (ausgenommen zum äußerlichen Gebrauch für Tiere, Tinctura Veratri (ausgenommen zum äußerlichen Gebrauch).
Homöopathische Zubereitungen bis D 3 einschließlich.

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.